Dienstag, 22. November 2011

das volle programm


06.00  raus in den neuen tag. runter ans meer. der ockerfarbene sand ist durchzogen von winzingen spuren. und schon rasen vor uns die kleinen, beinahe durchsichtigen krebse kreuz und quer von schlupfloch zu schlupfloch. am horizont erscheinen die ersten fischerboote. hansjürg startet zu seinem morgendlichen jogging, während ich mich mit dem jungen asith unterhalte. beflissen nutzt er die chance, sein weniges englisch anzuwenden. er arbeitet 6 tage die woche als abteilungsleiter in einer grossen kleiderfabrik, die ausschliesslich für marks & spencer in england produziert. sein lohn ist umgerechnet 160 $, knapp genügend für den lebensunterhalt seiner eltern und seiner jungen frau.


spuren

07.00  rein in den badeanzug. ein paar kurze längen/lange kürzen im noch kühlen pool begleitet von exotischem vogelgezwitscher.

08.00  ran an den gedeckten frühstückstisch. das auge isst mit: grüne suppe, grüne linsen, papaya, melonen, äpfel, toast mit butter und konfitüre, kräuertee und warmes wasser.

10:00  ab zur ersten konsultation bei der charmanten ärztin im schönen sari. sie begrüsst mich mit ‚hello sweety’, was mir beweist, dass sie von blossem auge meine problemzonen erkannt hat. zungen- und pulsdiagnose, viele fragen und ebenso viel lachen. unser gemeinsam formuliertes ziel: ran an den speck mittels extra menueplan, gezielten massagen, speziellen naturmedikamenten, akupunktur – es wird schon werden.


dr.pandini
11.00  auf zur kopf- und gesichtsmassage. ich schlafe bereits sitzend wieder ein. die sanft tastenden hände der feinfühligen kleinen frau tun unendlich wohl.

13.00 runter ans meer, wo bereits das mittagessen wartet. eine vielfalt von farbigen speisen in kleinen schalen erfreut unsere augen:   gemüsesuppe, knusprige kichererbsenbratlinge, currykohl, raita, geröstete cashewnüsse mit datteln, geraspelte kokosnuss mit petersilie, roter zimtreis, bunte paprikastreifen, okraschoten, süsskartoffeln, karottencake mit kiwi, kräutertee. keine spur von vermeintlicher diät – oder doch?


süss-sauer-scharf-bitter
14:00  beim lesen des tagesanzeiger-magazins auf der tagesliege auf der stelle eingesch  l    a     f       e         n.

15:00 auf dem schmalen behandlungsplan steht jetzt die synchronmassage. von zwei masseuren und einer grossen flasche warmem herbaloil werde ich im oberen stock der massagehütte empfangen. eine stunde lange massieren mich vier hände im gleichen takt als würden sie ein ballet aufführen.  unbeschreiblich wohltuend. ich fühle mich wie ein neugeborenes baby. unter der anschliessenden dusche versuche ich, gemäss anweisung, mit kichererbsen body scrub das öl aus meinen poren zu waschen.




18:00 die erste yogastunde inmitten von schlanken jungen frauen, die schon selber fast zu gurus aufgelaufen sind. zum glück ist der offene raum bereits in die nacht getaucht und lediglich von einer kerze beschienen, so dass ich unförmiges‚gstabi’ nicht zur lachnummer werde. verschlungene, verdrehte körper, deren füsse hinter den köpfen liegen, erinnern mich an die surrealen bilder der kürzlich gesehenen ausstellung im beyeler-museum. uns so taucht auch das bild der vielen schlaufen auf dem landeanflug in doha wieder in mir auf. wieso ist im leben so vieles, wenn nicht alles eine ständige verwirrung? mit hilfe des verständnisvollen lehrers gelingen auch mir ein paar harmlos scheinende verrenkungen. allerdings schwitze ich dabei mindestens einen liter aus meinem körper.

19.00  schon wieder essen. anstelle von fischsuppe erhalte ich eine gemüsesuppe mit huhn und zitronengras, ein lauwarmes russisches salätchen und kürbiskuchen mit kardamom. vorab jedoch nimmt jeder seine auf ihn abgestimmten medikamente, die in angeschriebenen farbigen körbchen bereitgestellt wurden. ein bitteres säftchen, ein paar kleine, gepresste kräuterkugeln, die bewirken, dass ich nachts des öftern einen besuch bei meinem kleinen freund mit dem krebsgang machen muss. panta rhei - alles fliesst.

20:00  nach dem lesen des morgigen behandlungsplans sind meine augen auch schon wieder am zufallen. hinter dem moskitonetzt bin ich wenigstens vor den leidigen stichen etwas geschützt. hansjürg schnarcht bereits - immerhin eher leise.

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