Montag, 12. Dezember 2011

arche noah gestrandet



yun lu jilang


als wir vom morgendlichen rundlauf zu khalid'is zurückkomen, sitzt das chinesische wasserkraftgirl mit namen yun lu jilang bereits mit sack und pack abfahrbereit auf dem bänkchen.  der schmächtige jüngling aus den bergen, der hier als wachmann angestellt ist, fugt unser gepäck nach unten. er hat beide nächte pflichtgetreu vor unserer zimmertüre geschlafen. sein ganzer besitz besteht aus ein paar alten t-shirts und toilettensachen, die ihm touristen zurückgelassen haben. fast beneide ich ihn um diese bescheidenheit.


hab und gut in bescheidenem ausmass


vor unserem haus spricht mich ein bärtiger, muslimischer mann an. er will wissen, wie gut es mir hier im schönen galle gefällt. als ortsbekannter edelsteinhändler, der auch mit fernen ländern handel treibt, bietet er mir seine wohnung an, falls ich ein weiteres mal hier station machen möchte.


shaffy authad
rohan holt uns pünktlich ab. wir fahren vergnügt mit der nicht blinden passagierin an traumstränden der südlichen küste entlang gen osten. beim frühstückshalt wird uns thunfisch in curry mit linsen und süssem brot aufgetischt. unsere mitreisende entpuppt sich als eine interessierte und neugierige gesprächspartnerin. sie will von mir mindestens so viel wissen wie ich von ihr. so erfahre ich vieles über das alltagsleben in china. schnatter, schnatter - mehr als ein small talk.


auf der weiterfahrt besuchen wir erst eine seidenmanufaktur. rohan hofft wohl auf kommission. weil wir dies jedoch von laos her gut kennen, verlassen wir diese touristenfalle eilends wieder. interessanter wirds dann aber in einem bedeutenden, buddhistischen tempel, wo uns ein führer durch ein labyrinth von wand- und deckenmalereien schleust. das ganze leben von lord buddha und noch viel mehr kann man hier worttlos wie aus comiczeichnungen ablesen. dabei erinnere ich mich an die farbigen bildli der sonntagsschule von einst. am ausgang wird uns wir eine heilige blume, eine duftende blaue wasserlilie in die hände gedrückt. yun lu ist entzückt!

der nächste halt wird bei einer alten freundin von rohan eingeschaltet. in ihrem nicht sehr appetitlichen laden präsentiert sie in irdenen flachen töpfen den hier so begehrten curd, ein quark aus wasserbüffelmilch. wir drei putzen ratzekahl eine schale aus, giessen zum süssen laufend frischen palmblütenhonig über die schneeweisse köstlichkeit. und natürlich schwatzt uns rohan einen weiterer topf zum mitnehmen auf. geschickt wickelt die frau das ganze in zeitungspapier und verschnürt es mit einem strang des hier üblichen sissal. bald einmal haben wir uns von yun lu zu verabschieden, aber nicht ohne den obligaten austausch von allerlei adressen. hansjürg will sie an die eawag in dübendorf vermitteln, wo sie vielleicht einen praktikumsplatz ergattern könnte.

wir erreichen das hibiscus garden hotel am rande des urwalds just in time. und hier wartet auch schon ein uralter, ausgedienter jeep auf uns. der junge fahrer, ein rastafan mit aufgeklebten bob marley-bildern im innern des vehikels, und wunderschön schwarzglänzendem langen haar, sieht aus wie ein indianer. mit ihm ziehen nur wir beide auf der ladefläche los richtung yala-naturschutzpark. am fluss entlang der grossen dagoba baden jung und alt im erfrischenden nass, weil man sich vor dem opfern gründlich reinigen muss. die strasse ist voller schlaglöcher, wir werden tüchtig durchgeschüttelt, was uns eine qi gong-übung erspart. nach dem bezahlen der eintrittsgebühr in den park geht die fahrt auf verschlungenen, ockerfarbigen pisten durch traumhafte landschaften. gleich zu beginn entdecken wir einen baum voller affen mit langen herunterhängenden schwänzen. weiter zeigen sich in freier natur und wildbahn:



silberreiher, buntstörche, papageien, eisvögel, bienenfresser, weisskopfadler, kormorane, wildenten, pfaue, wiedehöpfe, hornschnäbel, pelikane, löffelreiher, rehe, hirsche, hasen, landwarane, krokodile, wildschweine,wasserbüffel, chamäleone, fliegende käfer, hühner. alle in friedlichem nebeneinander. 


in mir summt das lied aus der kindheit:


Ein Vogel wollte Hochzeit machen in dem grünen Walde. (Refrain: Fiderallala, Fiderallala, Fiderallalalala)
Die Drossel war der Bräutigam, die Amsel war die Braute.
Der Sperber, der Sperber, der war der Hochzeitswerber.
Der Stare, der Stare, der flocht der Braut die Haare.
Die Gänse und die Anten, die war'n die Musikanten.
Der Uhu, der Uhu, der bringt der Braut die Hochzeitsschuh’.
Der Kuckuck schreit, der Kuckuck schreit, er bringt der Braut das Hochzeitskleid.
Der Seidenschwanz, der Seidenschwanz, der bracht’ der Braut den Hochzeitskranz.
Der Sperling, der Sperling, der bringt der Braut den Trauring.
Die Taube, die Taube, die bringt der Braut die Haube.
Der Wiedehopf, der Wiedehopf, der bringt der Braut nen Blumentopf.
Die Lerche, die Lerche, die führt die Braut zur Kerche.
Brautmutter war die Eule, nahm Abschied mit Geheule.
Der Auerhahn, der Auerhahn, der war der stolze Herr Kaplan.
Die Meise, die Meise, die singt das Kyrie leise.
Die Puten, die Puten, die machten breite Schnuten.
Der Pfau mit seinem bunten Schwanz macht mit der Braut den ersten Tanz.
Die Schnepfe, die Schnepfe, setzt auf den Tisch die Näpfe.
Die Finken, die Finken, die gaben der Braut zu trinken.
Der lange Specht, der lange Specht, der macht der Braut das Bett zurecht.
Das Drosselein, das Drosselein, das führt die Braut ins Kämmerlein.
Der Hahn, der krähet: „Gute Nacht“, nun wird die Kammer zugemacht.
Der Uhu, der Uhu, der macht die Fensterläden zu.
Die Vogelhochzeit ist nun aus, die Vögel fliegen all’ nach Haus.
Das Käuzchen bläst die Lichter aus und alle ziehn vergnügt nach Haus.



nur weit und breit kein elefant in sicht. es mag daran liegen, dass heute, weil sonntag und schuljahrende ist, auch viele einheimische familien in jeeps unterwegs sind und somit reger betrieb herrscht. ein jedes tier ist in seiner farbe dem baum, dem strauch oder der felsformation angepasst. die vielen eleganten pfauenmännchen bieten uns eine wahre balletaufführung, die allerdings die angebeteten weibchen eher kühl lassen. 'komm in zwei wochen wieder' meint unser fahrer stellvertretend für die angehenden bräute. es zwitschert und pfeift aus jedem gebüsch, die luft ist geschwängert von süssen gerüchen, und da liegen doch wahrlich und prlötzlich vor uns auf dem weg grosse, sehr grosse häufchen dung. jetzt wird unser führer zum wahren helden, indem er dranbleibt wie der tages anzeiger. nach etwa drei stunden suchen und spähen sehen wir aus einiger entfernung drei graue kolosse inmitten von weidenden wasserbüffeln. wir sind ja immer noch auf der sicheren seite, doch das soll sich bald ändern. mir stockt der atem, als wir nur wenige meter von unserem wagen entfernt etwas massiges zwischen dichtem blätterwerk sich auf uns zu bewegendes wahrnehmen. und wie das finale bei einem feuerwerk geht der dschungelvorhang auf. es fehlt nur noch der paukenschlag. in voller grösse schreitet in würdigen schritten ein tonnenschwerer elefantenbulle auf uns zu, im rüssel einen ast schwingend. mein herz rast wie wild. fast meine ich, mein letztes stündchen hätte geschlagen. doch mit einer grazie, die ihresgleichen sucht, überholt er uns und trottet dann gemächlich ins dickicht auf der anderen seite unseres pfads. war das jetzt echt oder bloss eine fatamorgana? wir fühlen uns durch dieses einmalige erlebnis reich beschenkt.




seine majestät himself
ein stück weiter steht am wegrand eine gruppe von leuten. zwei familien mit ihrem spindeldürren fahrer können nicht weiterfahren. ihr jeep hat seinen geist aufgegeben. was liegt näher, als dass wir ihnen gastrecht in unserer karre anbieten. vollgeladen holpert es weiter runter ans meer. hier steht ein eindrükliches denkmal für die tsunamiopfer. 47 menschen, alle in jeeps auf safari unterwegs, hätten hier ihr leben verloren. nur zwei japaner, die sich der gefahr damals bewusst wurden, seien auf den grossen elefantenfelsen geklettert und hätten als einzige überlebt. nicht ein einziges tier im park sei umgekommen. in diesem moment geht ein grosser regenboden am himmel auf. kurze zeit später senkt sich die nacht über das paradies.


ein zeichen der hoffnung




mit viel unterhaltung und lachen fahren wir alle durch die dunkle nacht den langen weg zurück. unser jeep hat nur ein winziges licht – ein heiliges öllämpchen vielleicht?

der yalapark mit all seinen unterschiedlichen, vielfältigen bewohnern ist ein vollkommenes wunder der natur. ich denke, dass noah nach dem tsunami hier seine arche hat stranden lassen.


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