Sonntag, 4. Dezember 2011

intermezzo


hier im shunyata (der begriff stammt aus dem tibetischen und soll soviel heissen wie <ozean des lichts>) wird man nicht geteert und nicht gefedert. aber unsereins wird täglich geölt, geknetet, gestochen, gesalbt, gepudert, ausgeleitet, eingewickelt, aufgebaut, abgeführt, hingewiesen, hergewiegt, beschlammt, entschlackt, eingetaucht, abgerieben, beklopft, geschrubbt und noch vieles mehr.

es gibt momente wenn ich auf dem schragen liege, wo ich mich unweigerlich in ein sonntägliches pouletbrüstchen versetzen kann. mit kräuteröl mariniert, eine zeitlang liegengelassen, gedämpft oder irgendwann in eine brühe eingetaucht.

aber heute wurde das ganze durch ein spannendes geschehen unterbrochen. zwei fischerboote legten zeitgleich an unserem strand an. ungefähr je 30 männer jeglichen alters, alles tagelöhner, begannen auf der stelle parallel an den tauen zu ziehen, die allesamt immer noch aus sisal gedreht sind. allerschwerste körperarbeit. das riesige netz lag weit draussen im meer, welches sich heute präsentierte, als könnte es kein wässerchen trüben. die knochigen beine der männer erinnerten mich an roland salzstängeli – braun, dünn und salzig. endlich rückte das ende des netzes mit dem heutigen fang langsam näher. niemand konnte die grösse der beute abschätzen. die spannung lag förmlich spürbar in der luft. ein paar tieffliegende vögel lauerten ebenfalls auf einen brocken. damit kein fisch kurz vor dem ziel ausbüchsen konnte, legten die männer die engen maschen geschickt übereinander. ein kunstvolles überraschungspaket, das hier strandete. der silbern glitzernde schatz bestand jedoch mehrheitlich aus tausenden von kleinstfischen, die sofort in grosse körbe gehievt wurden. der alles überblickende big boss vom typ sizilianische mafia bediente die anstehenden männer, welche zahlreich zum einkaufen eingetroffen waren. und sein bündel an geldscheinen in seiner linken hand stapelte sich langsam zu einem dicken etwas. auch unser koch kam eilends herbei. in kurzer zeit wurden die von ihm gebratenen exemplare schön drapiert zum lunch aufgetischt. knusprig wie pommes-frites, so der kommentar meiner tischnachbarn. ich musste allerdings passen und mich mit dem beigemüse zufrieden geben – mayonnaise gabs nur in der fantasie.





jetzt war auch der richtige moment gekommen, um hansjürgs aussortiere t-shirts, hemden und shorts an die fischer zu verteilen. so viele hände streckten sich uns erwartungsfroh entgegen. auch etliche vom flohmärt mitgenommene elastbinden und sonnenbrillen waren begehrte objekte. das mitschleppen hat sich gelohnt. was für ein gutes gefühl. allerdings hielt dieses nicht allzulange an. kaum waren wir in unser zimmer zurückgekehrt holte uns der gerant. ziemlich aufgeregt erklärte er uns, dass die polizei am strand auf uns warte. here we are again. in jedem land das wir bisher bereisten, hatten wir irgendwann bekanntschaft mit den örtlichen ordnungshüter gemacht. das problem stellte sich wie folgt heraus:  ein junger mann, mit dem sich hansjürg schon vor ein paar tagen angefreundet hatte, steckte die erhaltenen kleider all seiner kollegen in einen unserer plasticsäcke. weil vor wenigen tagen in einem benachbarten hotel anscheinend ein diebstahl begangen worden sei (unser gerant bezweifelt dies zwar), wurde er als das corpus delicti  hingestellt. in seinem sack wäre diebesgut als beweis, dass er der gesuchte täter sei. mit viel überzeugungskunst stellte ich die sachlage, umringt von vielen schaulustigen,  klar.  weil die beiden nicht sehr sympathischen polizisten in sonntaskleidung dastanden verlangt ich vorsorglich ihre ausweise. langsam legte sich die aufregung. der fall schien sich erledigt zu haben. doch beim weggehen sah ich, dass sie den jungen recht unsanft vor sich herschoben. meine fantasie trieb wieder einmal blüten. ich befürchtete schlimmes.
rechts der vermeintliche täter
vor dem nachtessen wurden wir dahingehend informiert, dass der junge tatsächlich im gefängnis sei. seine eltern würden alles versuchen, ihn da rauszukriegen. für mich war auf der stelle klar, sollte dies nicht gelingen, wir beide hingehen, rambazamba veranstalten und diesen barbaren mit der tourismuspolizei drohen würden. unser koch schwang sich aufs velo und radelte zu seiner familie, um ihr unsere bereitschaft zu überbringen.  jetzt sind wir gespannt, wie die leidige sache ausgehen wird


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