weil morgen
samstag in colombo ein bedeutendes autorennen in der ohnehin luftverschmutzten
millionenstadt abgehalten wird, ist es jetzt nach mitternacht draussen in den strassen
immer noch laut und lärmig. beste gelegenheit, meinen zweitletzten blog zu
schreiben. wir sind vom unteren in den oberen stock gezogen, um einer
ankommenden familie das grössere zimmer abzutreten. shiamaly, jons frau, wird uns dafür
bestimmt mit einem noch leckereren
frühstück belohnen.
gestern freitag
zogen wir mit einem tuktuk los richtung world trade center. im ostturm im 12.
stock befinden sich die büros der expo rail. hinter glaswänden fanden wir den
manager, der im zug im hochland den von hansjürg vergessenen feldstrecher mit
nach colombo genommen hat. wiedersehen macht freude. in dieser luftigen höhe
bedankten wir uns mit einem kleinen taschenmesser-kit von victor inox. eine
hand wäscht bekanntlich die andere.
ein paar
stockwerke tiefer wollten wir traveller checks wechseln. doch die erste bank
konnte nur noten wechseln. weil der manager hier gleichzeitig ein bekannter
edelstein dealer ist meinte dieser ganz aufgeregt, ich bekäme jetzt etwas zu
gesicht, was nicht vielen beschieden sei. aus einem zerknüllten papier wickelte
er einen siebenkarätigen, borlottibohnengrossen sternsaphir aus ratnapura, der im
schein seiner taschenlampe mehr funkelte als der weihnachtsbaum am paradeplatz.
der dunkle mann mit den blitzenden augen freute sich unheimlich an meinem
staunen. geteilte freude ist eben doppelte freude.
das checkeinlösen
in der nächsten, sehr modern ausgestatteten bank dauerte seine zeit. nach
dreiviertelstunden langem überprüfen der echtheit erhielt ich das gewünschte
bündelchen rupies, allerdings zum weit niedrigeren tageskurs als am anfang
unseres aufenthaltes. wir bummelten durch das alte holländische spital, wo die
hipsten boutiquen und cafés einzug gehalten haben. langsam aber sicher wird
nach den wirren kriegsjahren in die alten gebäude aus vergangener blütezeit
investiert und schützenswertes wird restauriert. so traten wir in einen sicher
hundertjährigen chinesischen laden ein. in verstaubten vitrinen fanden wir
bemalte, lädierte gipsfiguren und kleine silberanhänger sowie ein spiel aus
knochenstäbchen. der besitzer, ein dienstfreudiger mann, konnte kaum verstehen,
dass sein plunder bald schon westwärts fliegen wird.
wieder draussen
begegneten wir einem seltsamen trio. einem kleinen, verdreckten jungen an der
hand seines vaters, der als muslim ein schräges käppi auf dem kopf trug. und
dieser wiederum schob seinen alten vater, dessen nackte füsse so was von
verkrüppelt waren, in einem rostigen rollstuhl vor sich her. allerdings stockte
das mit einem defekten plasticstuhl aufgemöbeltes gefährt auf der holprigen
strasse, weil der velopneu des linken rades total abgenutzt und somit keine
luft mehr im reifen war. was für ein jämmerlicher anblick! ich bat einen
gepflegten mann mir meine fragen zu übersetzen. nach eingehenden versprechungen
des sohnes, dass er in pettah, dem muslimischen bazarviertel, einen
ersatzreifen erstehen könnte, händigten wir ihm das notwendige geld aus. für
zwölf franken wird der rollende untersatz wieder flott gemacht. das geht
zulasten der topfkollekte der heilsarmee auf der zürcher bahnhofstrasse. uns
beiden werden zum dank die hände mehrmals geküsst. ein junger mann, der uns beobachtete
meinte, wer weiss, was uns im nächsten leben erwartet.
vorbei zwischen
dem flachen meeresstrand und einem kleinen see voller pinkfarbenen flamingos fuhren wir
wiederum im offenen tuktuk entlang den grossen hotels und den alten
botschaftsgebäuden der kolonialmächte in einen südlicheren stadtteil. auf der
terrasse des galle face hotel, wo 1890 der russische schriftsteller anton
chekhov ein- und ausging, warteten wir bei einem cocktail auf den
sonnenuntergang, der uns wegen aufziehender wolken leider nicht vergönnt war.
so beobachteten wir anstelle das treiben eines kindergeburtstages. das
achtjährige mädchen aus der oberschicht wurde mit einem stapel von geschenken
eingedeckt. ich musste dauernd an die kinder in den teahills denken. hüben wie
drüben gilt wohl die devise ‚lieber gesund und reich als arm und krank’.
jon hat uns am
frühstückstisch empfohlen, nach dem einnachten den gangaramaya tempel
aufzusuchen. es lässt sich kaum beschreiben, was wir hier wahrnehmen durften.
endlich hatte ich die gelegenheit, meine mitgebrachten dünnen wachskerzen aus
ikaria im andenken an maura bei den vielen öllampen anzuzünden. andächtig
schlenderten wir durch unzählige räume. in einer oberen halle hörten wir, wie
eine lautstarke stimme vermutlich einen vortrag hielt. später erfuhren wir,
dass namhafte politiker der oppositionspartei zu mutigen taten gegen die
ungerechtigkeiten im system aufgerufen wurden. stets aufs neue erstaunte mich,
wie innig vor allem die männer hier beten. und so schritten auch wir sieben mal
um den grossen bodibaum mit den herzförmigen grünen blättern, dem baum unter
dem buddha einst seine erleuchtung erfuhr. dabei wird aus kleinen stahlbechern
kühles wasser den wurzeln zugeschüttet. ich war tief ergriffen was zur folge
hatte, dass mich grosses heimweh nach maura überfiel. ich liess meinen tränen
freien lauf. eine frau öffnete geschickt die blütenblätter einer pinkfarbenen lotosknospe und legte sie mir in die hände. wie konnte sie nur wissen, dass wir
mauras asche vor mehr als fünf jahren mit vielen aus thailand eingeflogenen
lotosblüten dem wasser der limmat und somit dem kreislauf der natur übergaben?
sind das die unerklärbaren zufälle? lange lauschte ich dem gesang einer betenden
frau.
eine gruppe
chinesischer männer traten vor einen älteren mönch. wir taten es ihnen gleich
und liessen uns auf den knien segnen. ich wurde nach meiner herkunft und meiner
momentanen traurigkeit gefragt. der weise mann tröstete mich mit seiner
überzeugung, das es meiner tochter jetzt gut gehe. den chinesen und uns wurde
von einem grossgewachsenen mönch eine juwelenbesetzte krone kurz aufs haupt
gelegt. ein mann stellte sich uns als der stellvertetende arbeitsminister vor.
ob wir wissen, welche ehre uns soeben zuteil geworden sei. der alte mönch sei
podi hamuduruwa, der ranghöchste, vielverehrte würdenträger von sri lanka. und schon
ertönte seine lachende stimme über die köpfe hinweg, die mich an den dalai lama erinnerte: ‚switzerland woman, come and drink tea with me’.
er liess goldumrandete tassen bringen und bewirtete mich wie einen ehrengast.
jetzt erzählte er mir von seinem wirken, wie er das gespendete den armen zukommen lässt.
sein grosses, über die ganze insel verteiltes hilfswerk ist in einem buch festgehalten, das er mir als sein persönliches geschenk in die hand drückte. für einmal war ich sprachlos! sein assistent notierte alle daten von maura, david und aron. eigens für sie würden sie eine fürbitte abhalten. ‚gib mir deine mail-adresse, so dass ich dir nach getaner arbeit diesen trost mitteilen kann’. das charisma dieses asketischen mannes mit neuzeitlichem denken erfüllte den ganzen tempel mit grossem frieden. sein in mein ohr geflüsteter rat: ‚halte deine augen offen, hilf wo immer du kannst, kämpfe gegen die ungerechtigkeiten an, mache es so wie ich und du wirst glücklich sein. zum sterben brauchst du nichts anderes.’ erst im guesthouse sehe ich im erwähnten buch, bei welcher koryphäe mir diese audienz vergönnt war. ob der präsident von si lanka, mahinda rajapaksa, bei der kürzlich erfolgten geburstagszeremonie ebenfalls mit dem meister tee aus güldenen tassen trinken durfte, geht nicht aus dem reich bebilderten werk hervor. ich fühle mich mehr als nur geehrt.
der alte mann im rollstuhl und ich sind wohl gleichermassen glücklich heute nacht.
audienz bei podi hamadurowo |
sein grosses, über die ganze insel verteiltes hilfswerk ist in einem buch festgehalten, das er mir als sein persönliches geschenk in die hand drückte. für einmal war ich sprachlos! sein assistent notierte alle daten von maura, david und aron. eigens für sie würden sie eine fürbitte abhalten. ‚gib mir deine mail-adresse, so dass ich dir nach getaner arbeit diesen trost mitteilen kann’. das charisma dieses asketischen mannes mit neuzeitlichem denken erfüllte den ganzen tempel mit grossem frieden. sein in mein ohr geflüsteter rat: ‚halte deine augen offen, hilf wo immer du kannst, kämpfe gegen die ungerechtigkeiten an, mache es so wie ich und du wirst glücklich sein. zum sterben brauchst du nichts anderes.’ erst im guesthouse sehe ich im erwähnten buch, bei welcher koryphäe mir diese audienz vergönnt war. ob der präsident von si lanka, mahinda rajapaksa, bei der kürzlich erfolgten geburstagszeremonie ebenfalls mit dem meister tee aus güldenen tassen trinken durfte, geht nicht aus dem reich bebilderten werk hervor. ich fühle mich mehr als nur geehrt.
der alte mann im rollstuhl und ich sind wohl gleichermassen glücklich heute nacht.
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