Donnerstag, 15. Dezember 2011

tee und spiritualität

‚er hat tee in sich’ so nannte man schon im altertum einen weisen mann. heute werden wir lernen, wie das goldene getränk, der legendäre ceylontea, in die tassen in aller welt gelangt. auf dem weg zur teefabrik mackwoods sehen wir die teepflückerinnen mit ihren säcken und hutten auf dem rücken, wie sie an den steilhängen auf 2000 metern barfuss ihre mühsame arbeit verrichten. weil ich einen alten, indischen tempel erblicke, machen wir auf der anhöhe kurz halt. es ist kalt und windig. auch regnet es leicht. hier ist tamilisches wohngebiet. aus einer siedlung von grauen häuschen kommt eine dunkle frau um die ecke. mit gesten zieht sie uns mit sich in ein niedriges haus voller lärm. es ist die fabrikeigene kinderkrippe, in der es rappelt wie in einem ameisenhaufen. die frau scheint die leiterin zu sein. etliche schwarze kinderaugen schauen uns erstaunt und neugierig an. in einem raum hängen viele baumwollsaris zu hängematten geknotet, wo babies zum schlafen gelegt werden. die kleinen fenster sind vergittert. in der küche hackt eine am boden kauernde frau grünzeug. eine schale mit eingeweichten kichererbsen wird aufs offene feuer gesetzt. wir lassen die allerletzten kinderkleider hier, spenden etwas fürs essen der kinder. eine ziemlich ausgemergelte mutter hat ihr kind auf den armen. es ist leicht zu erkennen, dass dieses unterernährt ist. wohl eines von vielen, auf die keine rosige zukunft wartet.


daycare in den teehügeln

kalt, karg und ungemütlich



wenige hundert meter unterhalb steht ein grosses fabrikgebäude. der britische schiffskapität william mackwood hat sie im jahr 1841 gegründet. seither arbeiten hier über tausend tamilische frauen und männer, anscheinend zu fairem lohn, was immer das heissen mag. hintenrum wird von hungerlöhnen und ausbeutung gesprochen. die pflückerinnen haben ein bestimmtes tagesgewicht abzuliefern, was grossen druck erzeugt. bei wind und wetter stehen sie ohne schuhwerk in den steilen hängen. 


teepflückerin


nur die obersten zwei zartgrünen blätter und die winzige schlanke knospe werden mit flinken fingern vom busch abgezwackt. die restlichen doch eher harten dunkleren blätter fallen irgendwann vom busch und werden so automatischen zu dünger. geerntet wird das ganze jahr über. während 5 jahren liefert der teebusch dieses grüne gold. danach wird er abgeholzt und durch neue sprösslinge erstetzt. nach 3 jahren kann die neue ernte wieder eingeholt werden. auch das britische königshaus wird seitjeher mit dem tee aus diesen hügeln beliefert. i am very amused! eine sehr charmante frau führt uns durch das fabrikareal, erklärt uns ausführlich den ganzen prozess vom gepflückten teeblatt bis zum edlen getränk, das wir anschliessend aus feinstem royal china trinken. jetzt verstehe ich endlich auch die begriffe b.o.p.- ‚broken’ weist auf die zerkleinerung der getrockneten blätter, ‚orange’ auf die goldene farbe hin und ‚pekoe’ schlussendlich heisst nichts anderes als eben tee. jegliche qualität stammt vom ein und demselben busch, also auch der bei uns so beliebte grüntee, der nicht dem fermentierungsprozess unterliegt. der edelste und absolut teuerste, rare tee enthält ausschliesslich die innere, zarte knospe. er wird weiss- oder goldtee genannt, wächst in entlegenen gebieten im hinterland und kostet in der tat ein vermögen, ähnlich dem echten safran. und hier erhalte ich auch die bestätigung meiner behauptung, dass in den teebeuteln immer die allerschlechteste qualität auf den markt kommt. zwar erzeugt dieser staub, der rest vom rest, immer noch eine stark dunkle farbe, hat aber auf dem weg der mehrfachen bearbeitung beinahe alles von der seele des teeblattes verloren. im weihnachtlich geschmückten fabrikladen decken wir uns mit hübschen verpackungen aller sorten ein. jetzt hat auch frau tee in sich.


emblem für teeknospe auf dem tisch

von nun an geht’s bergab richtung kandy, sri lankas letzter königsstadt. die gut 1500 höhenmeter differenz beim abstieg bewältigen wir ohne knieprobleme. rohan bringt uns zu unserem hotel auf einer anhöhe über dem see. beim einchecken werden wr angewiesen, die balkontüre stets geschlossen zu halten, weil ganze affenhorden aus dem nahen dschungel hier überfälle verüben. das zeigen die vielen spuren entlang der hausfassade. ups. 


im tuktuk fahren wir runter in die stadt. hier herrscht grossstadtleben. es heisst, dass die einwohner von kandy sich vornehm fühlen, sich den tamilen und muslimen gegenüber eher überheblich verhalten. weil hansjürg anrufe auf dem in galle gekauften neue handy nicht entgegen nehmen kann und er meint, er hätte damit ein srilankisches montagsei gekauft, suchen wir hier einen entsprechenden händler auf. schon bald zeigt sich, wo der hund begraben ist. anstatt mit dem finger auf dem display zu blättern, hat hj unentwegt seinen rechten zeigefinger auf das grüne symbol des hörers gedrückt. tja, nicht immer sind bewohner aus dem westen denjenigen aus der sogenannten dritten welt überlegen. der clevere angestellte fühlt sich zu recht auf der überholspur. lacher auf beiden seiten über die tapsigkeit des neuen besitzers!!


 in einem offenen restaurant stillen wir unseren hunger. mit allerlei gemüse gefüllte rotis sind eine scharfe gaumenfreude. mit zwei plastic-chips begebe ich mich an den tee-automaten, der nicht mechanisch, sondern ganz und gar menschlich funktioniert. hinter dem schalter steht ein beschnauzter älterer mann, der es mit jedem barkeeper aufnehmen könnte. in einem verbogenen massbecher aus alu mixt er erst pulvermilch und schüttet dann in hohem strahl das einheimische gebräu in die beiden tassen. jetzt muss aber auch noch ein süsses stück icecake auf den teller, ayurveda hin oder her. die totale summe: umgerechnet fr. 1.90.




nach dem anschliessenden sightseeing zu fuss, vorbei an der grossen moschee, heruntergekommenen häuserfassaden aus der glanzzeit, schreienden gemüsehändlern und losverkäufern landen wir bald einmal in einer traditionellen bar aus der kolonialzeit. mit etwas hochprozentigem, mit gingerale aufgegossenem zur verdauung hängen wir im innenhof, wo bereits wieder die nacht anbricht. bald aber ist es zeit für die abendliche zeremonie im tempel der zahnreliquie. hier wird ein zahn von lord buddha verehrt. von weit her dröhnen die harten schläge der tablas. erst einmal die schuhe abgeben, dann geht’s mit den meist weiss und festlich gekleideten einheimischen durch viele verschlunge treppen ins innere. was unsere augen erblicken übertrifft alles bisher gesehene an kirchen und kathedralen. es riecht nach weihrauch und duftet nach jasmin. die menschen mit ihren wachen, dunklen augen schenken uns stets ein lächeln, heissen uns an jeder ecke willkommen.


weiss ist die farbe der kleider beim tempelbesuch


ein alter tempeldiener segnet uns, murmelt beim umbinden der weissen schnur ums handgelenk ein gebet und zerrt uns eilends um die vielen säulen zum aufgang in den oberen stock. hier stehen die menschen am eingang zum heiligtum, der zahnreliqie buddhas,  hinter reich verzierten toren schlange. trommelrhythmen, flötenklänge und dieses gemisch von gerüchen versetzen uns schier in trance, machen uns vollends betrunken. hüpfende kinder, schlafende babies, humpelnde alte, in sich versunkene betende – und yasmin, lotos, wasserlilien wohin man blickt. wie steif wirken dagegen unsere heiligabendgottesdienste. wir haben unser eigenes weihnachten hier dankbar leicht vorgezogen.

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