‚er hat tee in
sich’ so nannte man schon im altertum einen weisen mann. heute werden wir
lernen, wie das goldene getränk, der legendäre ceylontea, in die tassen in
aller welt gelangt. auf dem weg zur teefabrik mackwoods sehen wir die
teepflückerinnen mit ihren säcken und hutten auf dem rücken, wie sie an den
steilhängen auf 2000 metern barfuss ihre mühsame arbeit verrichten. weil ich
einen alten, indischen tempel erblicke, machen wir auf der anhöhe kurz halt. es
ist kalt und windig. auch regnet es leicht. hier ist tamilisches wohngebiet.
aus einer siedlung von grauen häuschen kommt eine dunkle frau um die ecke. mit
gesten zieht sie uns mit sich in ein niedriges haus voller lärm. es ist die
fabrikeigene kinderkrippe, in der es rappelt wie in einem ameisenhaufen. die
frau scheint die leiterin zu sein. etliche schwarze kinderaugen schauen uns
erstaunt und neugierig an. in einem raum hängen viele baumwollsaris zu
hängematten geknotet, wo babies zum schlafen gelegt werden. die kleinen fenster
sind vergittert. in der küche hackt eine am boden kauernde frau grünzeug. eine
schale mit eingeweichten kichererbsen wird aufs offene feuer gesetzt. wir
lassen die allerletzten kinderkleider hier, spenden etwas fürs essen der
kinder. eine ziemlich ausgemergelte mutter hat ihr kind auf den armen. es ist
leicht zu erkennen, dass dieses unterernährt ist. wohl eines von vielen, auf
die keine rosige zukunft wartet.
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daycare in den teehügeln |
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kalt, karg und ungemütlich |
wenige hundert
meter unterhalb steht ein grosses fabrikgebäude. der britische schiffskapität
william mackwood hat sie im jahr 1841 gegründet. seither arbeiten hier über
tausend tamilische frauen und männer, anscheinend zu fairem lohn, was immer das
heissen mag. hintenrum wird von hungerlöhnen und ausbeutung gesprochen. die
pflückerinnen haben ein bestimmtes tagesgewicht abzuliefern, was grossen druck
erzeugt. bei wind und wetter stehen sie ohne schuhwerk in den steilen hängen.
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teepflückerin |
nur die obersten zwei zartgrünen blätter und die winzige schlanke knospe
werden mit flinken fingern vom busch abgezwackt. die restlichen doch eher
harten dunkleren blätter fallen irgendwann vom busch und werden so
automatischen zu dünger. geerntet wird das ganze jahr über. während 5 jahren
liefert der teebusch dieses grüne gold. danach wird er abgeholzt und durch neue
sprösslinge erstetzt. nach 3 jahren kann die neue ernte wieder eingeholt
werden. auch das britische königshaus wird seitjeher mit dem tee aus diesen
hügeln beliefert. i am very amused! eine sehr charmante frau führt uns durch
das fabrikareal, erklärt uns ausführlich den ganzen prozess vom gepflückten
teeblatt bis zum edlen getränk, das wir anschliessend aus feinstem royal china
trinken. jetzt verstehe ich endlich auch die begriffe b.o.p.- ‚broken’ weist
auf die zerkleinerung der getrockneten blätter, ‚orange’ auf die goldene farbe
hin und ‚pekoe’ schlussendlich heisst nichts anderes als eben tee. jegliche
qualität stammt vom ein und demselben busch, also auch der bei uns so beliebte
grüntee, der nicht dem fermentierungsprozess unterliegt. der edelste und absolut
teuerste, rare tee enthält ausschliesslich die innere, zarte knospe. er wird
weiss- oder goldtee genannt, wächst in entlegenen gebieten im hinterland und
kostet in der tat ein vermögen, ähnlich dem echten safran. und hier erhalte ich
auch die bestätigung meiner behauptung, dass in den teebeuteln immer die
allerschlechteste qualität auf den markt kommt. zwar erzeugt dieser staub, der
rest vom rest, immer noch eine stark dunkle farbe, hat aber auf dem weg der
mehrfachen bearbeitung beinahe alles von der seele des teeblattes verloren. im
weihnachtlich geschmückten fabrikladen decken wir uns mit hübschen verpackungen
aller sorten ein. jetzt hat auch frau tee in sich.
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emblem für teeknospe auf dem tisch |
von nun an geht’s
bergab richtung kandy, sri lankas letzter königsstadt. die gut 1500 höhenmeter
differenz beim abstieg bewältigen wir ohne knieprobleme. rohan bringt uns zu unserem hotel
auf einer anhöhe über dem see. beim einchecken werden wr angewiesen, die
balkontüre stets geschlossen zu halten, weil ganze affenhorden aus dem nahen
dschungel hier überfälle verüben. das zeigen die vielen spuren entlang der
hausfassade. ups.
im tuktuk fahren wir runter in die stadt. hier herrscht
grossstadtleben. es heisst, dass die einwohner von kandy sich vornehm fühlen,
sich den tamilen und muslimen gegenüber eher überheblich verhalten. weil hansjürg anrufe auf dem in galle gekauften neue handy nicht entgegen nehmen kann und er meint, er hätte damit ein srilankisches montagsei gekauft, suchen wir hier einen entsprechenden händler auf. schon bald zeigt sich, wo der hund begraben ist. anstatt mit dem finger auf dem display zu blättern, hat hj unentwegt seinen rechten zeigefinger auf das grüne symbol des hörers gedrückt. tja, nicht immer sind bewohner aus dem westen denjenigen aus der sogenannten dritten welt überlegen. der clevere angestellte fühlt sich zu recht auf der überholspur. lacher auf beiden seiten über die tapsigkeit des neuen besitzers!!
in einem
offenen restaurant stillen wir unseren hunger. mit allerlei gemüse gefüllte
rotis sind eine scharfe gaumenfreude. mit zwei plastic-chips begebe ich mich an
den tee-automaten, der nicht mechanisch, sondern ganz und gar menschlich
funktioniert. hinter dem schalter steht ein beschnauzter älterer mann, der es
mit jedem barkeeper aufnehmen könnte. in einem verbogenen massbecher aus alu
mixt er erst pulvermilch und schüttet dann in hohem strahl das einheimische
gebräu in die beiden tassen. jetzt muss aber auch noch ein süsses stück icecake
auf den teller, ayurveda hin oder her. die totale summe: umgerechnet fr. 1.90.
nach dem
anschliessenden sightseeing zu fuss, vorbei an der grossen moschee,
heruntergekommenen häuserfassaden aus der glanzzeit, schreienden
gemüsehändlern und losverkäufern landen wir bald einmal in einer traditionellen
bar aus der kolonialzeit. mit etwas hochprozentigem, mit gingerale
aufgegossenem zur verdauung hängen wir im innenhof, wo bereits wieder die nacht
anbricht. bald aber ist es zeit für die abendliche zeremonie im tempel der
zahnreliquie. hier wird ein zahn von lord buddha verehrt. von weit her dröhnen
die harten schläge der tablas. erst einmal die schuhe abgeben, dann geht’s mit
den meist weiss und festlich gekleideten einheimischen durch viele verschlunge
treppen ins innere. was unsere augen erblicken übertrifft alles bisher gesehene
an kirchen und kathedralen. es riecht nach weihrauch und duftet nach jasmin.
die menschen mit ihren wachen, dunklen augen schenken uns stets ein lächeln,
heissen uns an jeder ecke willkommen.
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weiss ist die farbe der kleider beim tempelbesuch |
ein alter
tempeldiener segnet uns, murmelt beim umbinden der weissen schnur ums
handgelenk ein gebet und zerrt uns eilends um die vielen säulen zum aufgang in
den oberen stock. hier stehen die menschen am eingang zum heiligtum, der zahnreliqie buddhas, hinter
reich verzierten toren schlange. trommelrhythmen, flötenklänge und dieses
gemisch von gerüchen versetzen uns schier in trance, machen uns vollends
betrunken. hüpfende kinder, schlafende babies, humpelnde alte, in sich versunkene
betende – und yasmin, lotos, wasserlilien wohin man blickt. wie steif wirken dagegen unsere heiligabendgottesdienste. wir haben
unser eigenes weihnachten hier dankbar leicht vorgezogen.
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