asith kommt uns
wie an jedem morgen bei unserem strandlauf um 6 uhr entgegen. er hat erst seine
frau zum bus gebracht und anschliessend eine entdeckung gemacht, die ihn sehr
beschäftigt. ein mann würde nachts mit einer taschenlampe die stellen im sand
markieren, da wo die meeresschildkröten ihre eier vergraben. am frühen morgen
vor tagesanbruch grabe er diese aus und verkaufe sie an händler, die diese eier
ausbrüten lassen, um die ausgeschlüpften tiere dann als touristenattraktion in
gutes geld umzumünzen.
wir verabreden
uns für heute um 3 vor dem hotel. er kann überzeit einziehen, weil er uns
unbedingt den tempel in seinem dschungeldorf zeigen will. mit zu sich nach hause
könne er uns nicht nehmen, weil ihn das zu sehr geniere, denn das sehr alte
haus seiner eltern wäre in keinem sehr guten zustand.
weil heute unser
letzter offizieller behandlungstag ist, werden wir mit einem blütenbad belohnt.
das hat uns fast umgehauen. der jüngste der crew hat ein wahres kunstwerk aus
weissen, roten, blauen, und gelben blüten aufs wasser gezaubert. wie bei einem tibetischen mandala war es der sinn, durch unser einsteigen in die wanne dieses
zu zerstören. ein wunderschöner, unvergesslicher abschluss.
mit dem tuk tuk
und unserem fahrer asanth fuhren wir drei erst in ein internetcafe. hansjürg
richtete asith eine mail-adresse ein. der clevere junge mann hat sehr rasch
begriffen, wie das vor sich geht. einmal mehr strahlte er übers ganze gesicht.
am letzten sonntag war er ja zum ersten mal in colombo zur einführung seines
lehrgangs an der technischen schule für textiles. 24 junge menschen würden mit
ihm alles wichtige zur herstellung von bekleidung lernen. von 9 lehrerinnen und
lehrern würden sie unterrichtet. zudem berichtete er einiges über seinen
jetzigen job als vorarbeiter. wenn er zum beispiel den auftrag für 500 neue
blusen, die später nach england geliefert werden, erhalte, müsse er für die 24
arbeitsgänge die richtigen arbeiterinnen anweisen. er sei immer gut und
freundlich zu ihnen, auch wenn die mädels jeweils am morgen dauernd über die
telenovela vom vorabend quatschen würden. da müsse er halt etwas streng werden.
z.b. müsse ja ein kragen, wenn man diesen hoch halte, kerzengerade sein und
nicht wie eine srilankische banane aussehen. auch bei den ganz teuren bhs wisse
er worauf es ankomme. sie stellen still-bhs und push-ups her. er ist so witzig
und humorvoll. auch beherrsche er jede knopfannäh- und knopflochmaschine. von
nun an könne er auch die e-mails selber beantworten und sich mit seinen neuen klassenkameraden austauschen. er ist unheimlich
wissbegierig und lernfreudig. so weiss er, wieviel die autorin von harry potter verdient hat, was hilary clinton grad vorhat und dass obamas frau michelle ihr gemüse selbst anpflanzt. und hier wollten alle frauen unbedingt nach colombo zu cooking-classes
fahren. 'how to bake a chocolate cake'.
fahren. 'how to bake a chocolate cake'.
wir fuhren im tuk
tuk erst mal übers bahngeleise, dann auf einer löchrigen strasse durch ein
dorf. asith meinte, er hätte im tv gesehen, wie gut die strassen in der schweiz
und wieviele tunnels dort durch die berge gebaut worden seien. auch über
schleusen im rhein weiss er bescheid. diese technik fasziniert ihn. schon bald
erreichten wir den tempel, wo ein paar knaben ihr mönchsein absolvieren. sie sind sehr
neugierig. asith kennt sie natürlich alle, weil er jeden sonntag hier ist. dank
ihm dürfen wir die innenräume betreten. was wir hier sahen war schlichtweg
einmalig. vorne steht ein riesiger buddha. auf beiden seiten, wie in einer
katholischen kirche, knien an die hundert mönche, alle aus gips geformt,
naturgetreu bemalt. die täuschung war echt, erst dachte ich, dass hier eine
versammlung abgehalten wird. eine intensive, spirituelle stimmung erfasste uns.
asith hat auf einem grossen, grünen blatt eine handvoll weisse blüten
mitgebracht. er teilte sie für uns auf und wir legten sie gemeinsam zu buddhas
füssen.
weiter gings auf
einer steilen treppe hinauf zu der grossen weissen dagoba. von hier oben
blickten wir über das blätterdach des dschungels, sichteten reisfelder und den
indischen ozean. hier zündeten wir vor einem weissen buddha für maura die mitgebrachten christbaumkerzen
an. asith meinte andächtig: ‚sie ist jetzt auch meine schwester’. an seiner starken hand gelang ich schiesslich die steile
treppe wieder runter. unter dem bodibaum waren bereits ein paar frauen und
mädchen aus dem dorf versammelt. sie richteten kleine öllichter und
blütengebilde her. und schon streckten uns einige hände ihre kunstwerke
entgegen, damit auch wir ein kleines opfer unter den baum legen konnten. ganz beglückt fuhren wir zurück.
weil der mann mit den wenigen kokosnüssen wieder an der
strasse vor unserem hotel stand, sah ich, dass sein linker arm einen dürftigen
verband um hatte. also holte ich eilends die restlichen elastischen binden vom flohmivorrat aus meinem
zimmer. jetzt zeigte uns der mann seinen gebrochenen arm, der oberhalb des
ellbogens rechtwinklig geteilt ist. nur zu gerne nahm er die neuen binden
entgegen. weil er alleine lebt und keiner arbeit nachgehen kann drückte ihm
hansjürg auch noch einige rupies in die hand.
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